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Methode - Mit simulierten Einschränkungen zu mehr Verständnis

09.02.2024 • Methodik • von Lisa Heuser

Dies ist eine Methode aus unserer Praxis. Sie richtet sich an Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Natürlich kannst du es aber auch einmal selber ausprobieren.

Welche Herausforderungen stellen sich dir, wenn du nicht gut sehen oder hören kannst? Wie fühlt es sich an, wenn du deine Hände nicht gut bewegen kannst? Bei dieser Methode können Spiele mit künstlichen Einschränkungen getestet werden. Games gehören für viele Kinder und Jugendliche fest zum Alltag dazu. Einige stoßen dabei jedoch an Grenzen, die sie am Spielen hindern. Diese Barrieren können durch technische Hilfsmittel, aber auch durch gemeinsames Spielen und die Ausschöpfung der Vielfalt innerhalb einer Gruppe überwunden werden. Durch diese Methode werden Kinder und Jugendliche auf spielerische Weise für das Thema “Barrieren in Games” sensibilisiert. Es soll ein Verständnis dafür geschaffen werden, dass es auch in der Gaming-Community eine große Vielfalt gibt, die kein Hindernis darstellt, sondern eine Chance bietet.

© Foto: Marvin Ruppert

Technik und Materialien

Kernstück der Methode ist ein ausgewähltes digitales Spiel auf einer Konsole oder dem Computer. Das Spiel sollte zur Zielgruppe passen. Am besten entscheidet die Gruppe gemeinsam, welche Spiele gespielt werden sollen. Jedoch sollte unbedingt die Alterskennzeichen der USK beachtet werden. Grundsätzlich gilt bei dieser Methode: Kreativ werden! Viele Einschränkungen lassen sich mit einfachen Mitteln nachstellen. Besonders spannend sind Brillen, die Seheinschränkungen simulieren.

Ideen für simulierte Einschränkungen

Um motorische Einschränkung zu simulieren, können die Kinder und Jugendlichen eine Hand mit einem Tuch auf ihren Rücken binden oder mittels medizinischem Tape die Beweglichkeit ihrer Finger einschränken. Durch Simulationsbrillen oder das Verbinden der Augen kann eine visuelle Einschränkung erzeugt werden. Ein guter Tipp hierfür ist auch das Runterregeln der Farbsättigung des Bildschirms, um beispielsweise Farbenblindheit zu simulieren. Im auditiven Bereich kann der Ton des Bildschirms leiser oder ganz ausgestellt werden. Spannend ist auch die Regel, dass sich Teilnehmende bei einem Teamspiel nicht mehr absprechen dürfen und mit Fingerzeichen oder Augenkontakt kommunizieren müssen.

Es ist wichtig, dass das Simulieren von Einschränkungen wertschätzend durchgeführt und dabei pädagogisch begleitet wird!

Dauer und Anzahl der Teilnehmenden

Jede Spielstation sollte von einer pädagogischen Fachkraft betreut werden. Es sollten nicht mehr als fünf Teilnehmende zeitgleich an einer Station sein. Um die Bildschirmzeit einzuschränken, empfehlen wir nach 90 Minuten eine Pause einzuplanen. Die Dauer der Methode richtet sich nach der Zielgruppe. Wir empfehlen ca. zwei bis drei Stunden.

© Foto: Marvin Ruppert

Die Durchführung

Vor der Durchführung muss die Konsole oder der Computer aufgebaut werden. Wichtig ist darauf zu achten, dass die benötigten Controller vollständig aufgeladen sind, um längere Wartezeiten während des Spielens zu verhindern. 

Die Methode lässt sich selbstverständlich mit den verschiedensten Games und Konsolen durchführen. Für einen ersten Einstieg empfehlen wir 1-2 Switch für die Nintendo Switch. Dieses bietet eine große Anzahl an verschiedenen Minispielen, die alle verschiedene Schwerpunkte haben. So lässt sich für alle ein passendes Spiel finden. 1-2-Switch eignet sich für Menschen mit kognitiven, visuellen, auditiven sowie motorischen Einschränkungen. Natürlich können auch Spiele verwendet werden, die sich die Kinder und Jugendlichen selber aussuchen. Wie wäre es zum Beispiel, wenn ein Lieblingsspiel mal unter die Lupe genommen wird?

Vor Beginn wird den Kindern und Jugendlichen der Ablauf erklärt. Es bietet sich an, dass Paare gebildet werden. Auf diese Weise ist es einfacher sich abzuwechseln, sodass alle gleich oft drankommen. Dann kann es losgehen! Nun können sich die Kinder und Jugendlichen für ein Minispiel entscheiden. Dies wird anschließend von jedem Paar viermal durchgeführt. Dabei wird in jeder Runde eine andere Einschränkung simuliert.

Beispielhafter Ablauf

  1. Das Spiel wird zunächst ohne künstliche Barrieren getestet.
  2. Anschließend wird ausprobiert, wie es ist wenig oder garnichts zu hören. Hierfür wird der Ton leiser gestellt oder abgeschaltet. Die Teilnehmenden dürfen sich nicht unterhalten.
  3. In der dritten Runde probieren die sie aus, mit einer Seheinschränkung zu spielen. Hierfür werden die Simulationsbrillen oder Tücher verwendet.
  4. In der letzten Runde wird mit nur einer Hand gespielt.

Hinweis: Der gleiche Ablauf kann nun mit einem anderen Minispiel durchgeführt werden. Die Vergleichswerte steigern dabei die Reflektionsmöglichkeiten. Nicht nur die Minispiele, auch die simulierten Einschränkungen können natürlich variiert werden

© Foto: Max Zindel

Der Abschluss

Für eine abschließende Reflektion mit den Kindern und Jugendlichen bietet es sich an, diese mit Hilfe eines Fragebogens durchzuführen. Auf diesem können sie ankreuzen, mit welchen Einschränkungen ein Minispiel gut bzw. weniger gut zu spielen war. Der Fragebogen kann anschließend gemeinsam mit dem Kindern und Jugendlichen ausgewertet werden. Die Abschluss-Reflektion sollte natürlich an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen angepasst werden. Zur weiteren Diskussion eignen sich außerdem folgende Fragen: 

- Welche Erfahrungen hast du gemacht?
- Wie kamst du mit den Barrieren zurecht?
- Konntest du die Barrieren überwinden? Wie?
- Wie kannst du Andere bestärken und unterstützen?

Fazit 

Durch die Förderung des Gruppenzusammenhalts und die Darstellung der Vielfalt einer Gruppe eignet sich die Methode besonders für inklusive Settings. Die Kinder und Jugendlichen lernen sich nicht nur gegenseitig besser kennen, sondern auch besser verstehen. Gerade Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung können ihr Selbstwertgefühl stärken, indem sie zeigen, wie gut sie ihre Einschränkungen kompensieren können.

Die Methode sensibilisiert Kinder und Jugendliche zu diesem wichtigen Thema im Bereich der digitalen Spiele und ist daher nah an ihrer eigenen Lebenswelt.

Über den/die Autor*in

Lisa Heuser
Studentische Hilfskraft

"Digitale Games machen mir besonders viel Spaß, wenn ich sie mit Freund*innen zusammen spiele. Dabei gefällt mir vor allem Mario Kart gut. Diese Erfahrung zu teilen und das gemeinsame Spielen allen Menschen zu ermöglichen, liegt mir deshalb am Herzen."

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